Einleitung
Die heutige meist 1-dimensionale Denk- und Wirtschaftsweise muss durch neue Strategien, die einen mehrdimensionalen Nutzen erbringen, ergänzt und mittelfristig ersetzt werden. Staatlich sollten daher besonders Projekte gefördert werden, die sowohl wirtschaftlich und energiepolitisch wie auch sozio-ökologisch sinnvoll sind und eine langfristig nachhaltige Perspektive bieten.
Situation der Landwirtschaft
Viele der heutigen Probleme in der Landwirtschaft entstanden durch die erzwungene Industrialisierung. Dabei führt die Entwicklung immer mehr weg von kleinskaligen Familienbetrieben hin zu immer größeren spezialisierten landwirtschaftlichen Produktionsbetrieben.
Auf den ersten Blick scheinen die Vorteile der industrialisierten Landwirtschaft ein geringer Anteil menschlicher Arbeitskraft und die vordergründig niedrigen Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse zu sein.
Doch die Nachteile wiegen weitaus schwerer: Zerstörung der Bio-Diversität durch große Monokulturen, Abnahme der Insektenvielfalt, viele Tier- und Pflanzenarten werden verdrängt… eine Spirale des Sterbens. Hinzu kommen die Probleme durch Überdüngung, z.T. auch verursacht durch die großskalierten Tiermastbetriebe etc.
Würden die Kosten für die Zerstörung der Bio-Diversität, Belastung des Grundwassers mit Nitrat, Pestiziden, etc. mit einfließen, sähe die Rechnung von vorneherein anders aus. Doch diese verdeckten langfristigen Kosten sind in der Preisbildung ausgeblendet und werden so letztlich an spätere Generationen weitergegeben.
Agri-Photovoltaik (Agri-PV)
Der Gründer des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme ISE, Prof. Adolf Goetzberger hat schon 1981 den geringeren Flächenverbrauch beschrieben und auf das große Potenzial hingewiesen. Neben der Tatsache, dass nicht alle Pflanzen immer „volle Sonne“ brauchen, können landwirtschaftliche Betriebe mit AGRI-PV wirtschaftlich unabhängiger von extremen Klimaverhältnissen werden. Unter den Photovoltaik-Anwendungen hat Agri-PV einen großen Mehrwert, denn sinnvoll eingesetzt lassen sich dadurch mehrere Probleme gleichzeitig lösen.
Kombinierte Land- und Energiewirtschaft
Wissenschaftliche Studien belegen, dass die industrielle Landwirtschaft mit großen Monokulturen eine verhältnismäßig niedrige Flächennutzungseffizienz hat. Hier bietet jedoch die Agri-Photovoltaik ganz neue Perspektiven. Durch die Kombination von landwirtschaftlicher Erzeugung z.B. Getreideanbau und Erzeugung von Strom durch Photovoltaik steigt die Flächennutzungseffizienz deutlich. Nebenbei wird so auch der Ausbau der erneuerbaren Energien dezentral angekurbelt.
Durch eine sinnvolle Limitierung der maximalen Agri-PV Fläche pro Betrieb kann hier auch das Gleichgewicht zwischen Land- und Energiewirtschaft ausbalanciert werden.
Im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Bio-Diversität ist immer auch eine kleinskalige Landwirtschaft einer industriell großskalierten vorzuziehen. Dabei müssen jedoch die Landwirte in kleinen Skalen auch wirtschaftlich produzieren können bzw. durch Förderungen unterstützt werden. Speziell Mischbetriebe (z.B. Pflanzenanbau und Tierhaltung oder ein breites Spektrum im Pflanzenanbau) sollten dabei bevorzugt gefördert werden – nicht spezialisierte Großbetriebe.
Zielsetzung
Kleine bis mittelgroße familiäre Betriebe sind die Grundvoraussetzung für eine nachhaltig naturverträgliche Landwirtschaft und müssen das Ziel unserer Anstrengungen und des politischen Handelns sein. Damit Landwirte unabhängiger von den witterungs- und preisbedingten Einkommensschwankungen werden, sollte daher die Agri-Photovoltaik im großen Stil gefördert und kleinen bis mittleren Betrieben der Einstieg z.B. durch Null-Zins-Darlehen erleichtert werden. Bodenspekulation im Bereich der landwirtschaftlichen Nutzflächen sollte umgehend unterbunden werden, indem die Eigentümer verpflichtet werden die Flächen entweder selbst zu bewirtschaften oder max. für 10 Jahre zu verpachten. Nach 5-10 Jahren sollten von Bodenspekulanten, die Flächen nicht selbst bewirtschaften Ausgleichszahlungen erhoben werden, die in einen Fonds für nachhaltige Landwirtschaft fließen.
Hinzu kommt, dass Preisunterschiede, die durch einen Standortvorteil oder niedrigere Standards in anderen Regionen durch eine ökologische Ausgleichsabgabe ausbalanciert werden sollten, damit die hohen Standards in Deutschland und Europa erhalten und geschützt werden. Hier ist eine politische Steuerung aus meiner Sicht sinnvoll, denn der Markt regelt es definitiv nicht zum Wohle der Menschen und der Natur, sondern einzig im Sinne des Kapitals!
Ausblick
Nimmt man zum Potenzial der Agri-Photovoltaik noch das Flächenpotenzial von Infrastruktur-Randflächen hinzu, bin ich mir sicher, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien zügig vorankommen kann.
Gerade die Nord-Süd-Verkehrsachsen wie Autobahnen oder auch Bahntrassen bieten nahezu ideale Voraussetzungen, da die Randflächen keine andere Nutzung ermöglichen und oft schon ideale Voraussetzungen bieten (z.B. Böschungen entlang der Autobahnen).
Grundsätzlich sollte dabei die Wertschöpfung vor Ort durch kommunale Energieversorger, Stadtwerke oder Bürgerbeteiligungen bzw. im Falle der Landwirtschaft durch Familienbetriebe gefördert werden.
Die Strategie einer kombinierten Land- und Energiewirtschaft bewirkt:
• eine höherer Nutzungseffektivität landwirtschaftlicher Flächen.
• eine stabilere wirtschaftliche Grundlage für landwirtschaftliche Betriebe und mehr Unabhängigkeit von witterungsbedingten Extremen.
• bei extrem heißen Sommern sogar Ertragssteigerungen im Pflanzenanbau durch teilweise Beschattung.
• durch Förderung von kleinskaligen landwirtschaftlichen Mischbetrieben Stärkung der Bio-Diversität auf landwirtschaftlichen Nutzflächen.
• in Kombination mit der Nutzung von Infrastruktur-Randflächen einen dezentral beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien mit regionaler Wertschöpfung.